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726 Methodenlehre I. Hauptst. I. Absch. 726

noch zu schwimmen erlaubt und sich nur flüchtige Schritte thun lassen, von denen die Zeit nicht die mindeste Spur aufbehält, da hingegen ihr Gang in der Mathematik eine Heeresstrasse macht, welche noch die späteste Nachkommenschaft mit Zuversicht betreten kan.

 Da wir es uns zur Pflicht gemacht haben, die Gränzen der reinen Vernunft im transscendentalen Gebrauche genau und mit Gewißheit zu bestimmen, diese Art der Bestrebung aber das besondere an sich hat, unerachtet der nachdrüklichsten und kläresten Warnungen, sich noch immer durch Hofnung hinhalten zu lassen, ehe man den Anschlag gänzlich aufgiebt, über Gränzen der Erfahrungen hinaus in die reitzende Gegenden des Intellectuellen zu gelangen: so ist es nothwendig, noch gleichsam den lezten Anker einer phantasiereichen Hoffnung wegzunehmen und zu zeigen, daß die Befolgung der mathematischen Methode in dieser Art Erkentniß nicht den mindesten Vortheil schaffen könne, es müßte denn der seyn, die Blössen ihrer selbst desto deutlicher aufzudecken, daß Meßkunst und Philosophie zwey ganz verschiedene Dinge seyn, ob sie sich zwar in der Naturwissenschaft einander die Hand bieten, mithin das Verfahren des einen niemals von dem andern nachgeahmt werden könne.

 Die Gründlichkeit der Mathematik beruht auf Definitionen, Axiomen, Demonstrationen. Ich werde mich damit begnügen, zu zeigen: daß keines dieser Stücke in dem Sinne, darin sie der Mathematiker nimt, von der

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 726. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_726.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)