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728 Methodenlehre I. Hauptst. I. Absch. 728

desselben denke. So kan der eine im Begriffe vom Golde sich ausser dem Gewichte, der Farbe, der Zähigkeit, noch die Eigenschaft, daß es nicht rostet, denken, der andere davon vielleicht nichts wissen. Man bedient sich gewisser Merkmale nur so lange, als sie zum Unterscheiden hinreichend seyn; neue Bemerkungen dagegen nehmen welche weg und setzen einige hinzu, der Begriff steht also niemals zwischen sicheren Gränzen. Und wozu solte es auch dienen, einen solchen Begriff zu definiren, da, wenn z. B. von dem Wasser und dessen Eigenschaften die Rede ist, man sich bey dem nicht aufhalten wird, was man bey dem Worte Wasser denkt, sondern zu Versuchen schreitet und das Wort, mit den wenigen Merkmalen, die ihm anhängen, nur eine Bezeichnung und nicht einen Begriff der Sache ausmachen soll, mithin die angebliche Definition nichts anders als Wortbestimmung ist. Zweitens kan auch, genau zu reden, kein a priori gegebener Begriff definirt werden, z. B. Substanz, Ursache, Recht, Billigkeit etc. Denn ich kan niemals sicher seyn: daß die deutliche Vorstellung eines (noch verworren) gegebenen Begriffs ausführlich entwickelt worden, als wenn ich weis, daß dieselbe dem Gegenstande adäquat sey. Da der Begriff desselben aber, so wie er gegeben ist, viel dunkele Vorstellungen enthalten kan, die wir in der Zergliederung übergehen, ob wir sie zwar in der Anwendung iederzeit brauchen: so ist die Ausführlichkeit der Zergliederung meines Begriffs immer zweifelhaft und kan nur durch vielfältig

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 728. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_728.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)