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736 Methodenlehre I. Hauptst. I. Absch. 736

übersehen worden und es nöthig machen, sie entweder mehr zu bestimmen, oder ganz abzuändern.

 Ich theile alle apodictische Sätze (sie mögen nun erweislich oder auch unmittelbar gewiß seyn) in Dogmata und Mathemata ein. Ein directsynthetischer Satz aus Begriffen ist ein Dogma, dagegen ein dergleichen Satz, durch Construction der Begriffe ist ein Mathema. Analytische Urtheile lehren uns eigentlich nichts mehr vom Gegenstande, als was der Begriff, den wir von ihm haben, schon in sich enthält, weil sie die Erkentniß über den Begriff des Subiects nicht erweitern, sondern diesen nur erläutern. Sie können daher nicht füglich Dogmen heissen (welches Wort man vielleicht durch Lehrsprüche übersetzen könte). Aber unter den gedachten zweien Arten synthetischer Sätze a priori können, nach dem gewöhnlichen Redegebrauch, nur die, zum philosophischen Erkentnisse gehörige diesen Nahmen führen, und man würde schwerlich die Sätze der Rechenkunst, oder Geometrie Dogmata nennen. Also bestätigt dieser Gebrauch die Erklärung, die wir gaben, daß nur Urtheile aus Begriffen und nicht die, aus der Construction der Begriffe, dogmatisch heissen können.

 Nun enthält die ganze reine Vernunft in ihrem blos speculativen Gebrauche nicht ein einziges directsynthetisches Urtheil aus Begriffen. Denn durch Ideen ist sie, wie wir gezeigt haben, gar keiner synthetischer Urtheile, die obiective Gültigkeit hätten, fähig; durch Verstandesbegriffe

begriffe
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 736. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_736.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)