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755 Die Disciplin der reinen Vernunft im polem. etc. 755

in seinem eigenen Busen, als in dem des Gegentheils liegt, nicht zu entwickeln weis, sieht Scheingründe, die den Vorzug der Neuigkeit haben, gegen Scheingründe, welche dergleichen nicht mehr haben, sondern vielmehr den Verdacht einer mißbrauchten Leichtgläubigkeit der Jugend erregen, auftreten. Er glaubt nicht besser zeigen zu können, daß er der Kinderzucht entwachsen sey, als wenn er sich über iene wolgemeinte Warnungen wegsezt und, dogmatisch gewohnt, trinkt er das Gift, das seine Grundsätze dogmatisch verdirbt, in langen Zügen in sich.

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 Gerade das Gegentheil von dem, was man hier anräth, muß in der academischen Unterweisung geschehen, aber freilich nur unter der Voraussetzung eines gründlichen Unterrichts in der Critik der reinen Vernunft. Denn, um die Principien derselben so früh als möglich in Ausübung zu bringen und ihre Zulänglichkeit, bey dem größten dialectischen Scheine, zu zeigen, ist es durchaus nöthig, die vor den Dogmatiker so furchtbare Angriffe wider seine, obzwar noch schwache, aber durch Critik aufgeklärte Vernunft zu richten und ihn den Versuch machen zu lassen, die grundlose Behauptungen des Gegners Stück vor Stück an ienen Grundsätzen zu prüfen. Es kan ihm gar nicht schwer werden, sie in lauter Dunst aufzulösen, und so fühlt er frühzeitig seine eigene Kraft, sich wider dergleichen schädliche Blendwerke, die vor ihn zulezt allen Schein verliehren müssen, völlig zu sichern. Ob nun zwar eben dieselbe

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 755. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_755.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)