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759 Die Disciplin der reinen Vernunft im polem. etc. 759

man nicht sagen kan, wie weit der Schluß aus selbiger reichen möge. Wenn ich mir die Erdfläche (dem sinnlichen Scheine gemäß), als einen Teller vorstelle, so kan ich nicht wissen, wie weit sie sich erstrecke. Aber das lehrt mich die Erfahrung: daß, wohin ich nur komme, ich immer einen Raum um mich sehe, dahin ich weiter fortgehen könte, mithin erkenne ich Schranken meiner iedesmal wirklichen Erdkunde, aber nicht die Gränzen aller möglichen Erdbeschreibung. Bin ich aber doch soweit gekommen, zu wissen: daß die Erde eine Kugel und ihre Fläche eine Kugelfläche sey, so kan ich auch aus einem kleinen Theil derselben, z. B. der Grösse eines Grades, den Durchmesser und, durch diesen, die völlige Begränzung der Erde, d. i. ihre Oberfläche bestimt und, nach Principien a priori erkennen und, ob ich gleich in Ansehung der Gegenstände, die diese Fläche enthalten mag, unwissend bin, so bin ich es doch nicht in Ansehung des Umfanges, der sie enthält, der Grösse und Schranken derselben.

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 Der Inbegriff aller möglichen Gegenstände vor unsere Erkentniß scheint uns eine ebene Fläche zu seyn, die ihren scheinbaren Horizont hat, nemlich das, was den ganzen Umfang derselben befasset und ist von uns der Vernunftbegriff der unbedingten Totalität genant worden. Empirisch denselben zu erreichen, ist unmöglich, und nach einem gewissen Princip ihn a priori zu bestimmen, dazu sind alle Versuche vergeblich gewesen. Indessen gehen doch

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 759. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_759.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)