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760 Methodenlehre I. Hauptst. II. Absch. 760

alle Fragen unserer reinen Vernunft auf das, was ausserhalb diesem Horizonte, oder allenfalls auch in seiner Gränzlinie liegen möge.

 Der berühmte David Hume war einer dieser Geographen der menschlichen Vernunft, welcher iene Fragen insgesamt dadurch hinreichend abgefertigt zu haben vermeinte, daß er sie ausserhalb den Horizont derselben verwies, den er doch nicht bestimmen konte. Er hielte sich vornemlich bey dem Grundsatze der Caussalität auf und bemerkte von ihm ganz richtig: daß man seine Wahrheit (ia nicht einmal die obiective Gültigkeit des Begriffs einer wirkenden Ursache überhaupt) auf gar keine Einsicht, d. i. Erkentniß a priori fusse, daß daher auch nicht im mindesten die Nothwendigkeit dieses Gesetzes, sondern eine blosse allgemeine Brauchbarkeit desselben in dem Laufe der Erfahrung und eine daher entspringende subiective Nothwendigkeit, die er Gewohnheit nent, sein ganzes Ansehen ausmache. Aus dem Unvermögen unserer Vernunft nun, von diesem Grundsatze einen über alle Erfahrung hinausgehenden Gebrauch zu machen, schloß er die Nichtigkeit aller Anmassungen der Vernunft überhaupt über das Empirische hinaus zu gehen.

 Man kan ein Verfahren dieser Art, die Facta der Vernunft der Prüfung und, nach Befinden, dem Tadel zu unterwerfen, die Censur der Vernunft nennen. Es ist ausser Zweifel: daß diese Censur unausbleiblich auf Zweifel gegen allen transscendenten Gebrauch der Grundsätze

führe.
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 760. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_760.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)