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771 Die Disciplin d. r. Vernunft in Hypothesen. 771

ist, welche Erfahrung an die Hand giebt: keine Gegenwart anders, als im Raume, keine Dauer, als blos in der Zeit. Mit einem Worte: es ist unserer Vernunft nur möglich, die Bedingungen möglicher Erfahrung, als Bedingungen der Möglichkeit der Sachen zu brauchen, keinesweges aber, ganz unabhängig von diesen, sich selbst welche gleichsam zu schaffen, weil dergleichen Begriffe, obzwar ohne Widerspruch, dennoch auch ohne Gegenstand seyn würden.

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 Die Vernunftbegriffe sind, wie gesagt, blosse Ideen und haben freilich keinen Gegenstand in irgend einer Erfahrung, aber bezeichnen darum doch nicht gedichtete und zugleich dabey vor möglich angenommene Gegenstände. Sie sind blos problematisch gedacht, um, in Beziehung auf sie, (als hevristische Fictionen) regulative Principien des systematischen Verstandesgebrauchs im Felde der Erfahrung zu gründen. Geht man davon ab, so sind es blosse Gedankendinge, deren Möglichkeit nicht erweislich ist, und die daher auch nicht der Erklärung wirklicher Erscheinungen durch eine Hypothese zum Grunde gelegt werden können. Die Seele sich als einfach denken, ist ganz wol erlaubt, um, nach dieser Idee, eine vollständige und nothwendige Einheit aller Gemüthskräfte, ob man sie gleich nicht in concreto einsehen kan, zum Princip unserer Beurtheilung ihrer inneren Erscheinungen zu legen. Aber die Seele als einfache Substanz anzunehmen, (ein transscendenter Begriff) wäre ein Satz, der nicht allein unerweislich

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 771. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_771.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)