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773 Die Disciplin d. r. Vernunft in Hypothesen. 773

hier sind selbst die wildesten Hypothesen, wenn sie nur physisch sind, erträglicher, als eine hyperphysische, d. i. die Berufung auf einen göttlichen Urheber, den man zu diesem Behuf voraussezt. Denn das wäre ein Princip der faulen Vernunft, (ignaua ratio) alle Ursachen, deren obiective Realität, wenigstens der Möglichkeit nach, man noch durch fortgesezte Erfahrung kan kennen lernen, auf einmal vorbey zu gehen, um sich in einer blossen Idee, die der Vernunft sehr bequem ist, zu ruhen. Was aber die absolute Totalität des Erklärungsgrundes in der Reihe derselben betrift, so kan das keine Hinderniß in Ansehung der Weltobiecte machen, weil, da diese nichts als Erscheinungen sind, an ihnen niemals etwas Vollendetes in der Synthesis der Reihen von Bedingungen gehoffet werden kan.

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 Transscendentale Hypothesen des speculativen Gebrauchs der Vernunft und eine Freiheit, zu Ersetzung des Mangels an physischen Erklärungsgründen, sich allenfals hyperphysischer zu bedienen, kan gar nicht gestattet werden, theils, weil die Vernunft dadurch gar nicht weiter gebracht wird, sondern vielmehr den ganzen Fortgang ihres Gebrauchs abschneidet, theils weil diese Licenz sie zulezt um alle Früchte der Bearbeitung ihres eigenthümlichen Bodens, nemlich der Erfahrung bringen müßte. Denn, wenn uns die Naturerklärung hie oder da schwer wird, so haben wir beständig einen transscendenten Erklärungsgrund bey der Hand, der uns iener Untersuchung überhebt,

und Ccc 3 und
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 773. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_773.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)