Seite:Kant Critik der reinen Vernunft 794.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
794 Methodenlehre I. Hauptst. IV. Absch. etc. 794

in seiner Reihe bald Sieger ist, bald unterliegt, nehmen oftmals daraus Anlaß, das Obiect des Streits selbst sceptisch zu bezweifeln. Aber sie haben nicht Ursache dazu und es ist gnug, ihnen zuzurufen: non defensoribus istis tempus eget. Ein ieder muß seine Sache vermittelst eines, durch transscendentale Deduction der Beweisgründe geführten rechtlichen Beweises, d. i. direct führen, damit man sehe, was seine Vernunftansprüche vor sich selbst anzuführen haben. Denn fusset sich sein Gegner auf subiective Gründe, so ist er freilich leicht zu widerlegen, aber ohne Vortheil vor den Dogmatiker, der gemeiniglich eben so den subiectiven Ursachen des Urtheils anhängt und gleichergestalt von seinem Gegner in die Enge getrieben werden kan. Verfahren aber beide Theile blos direct, so werden sie entweder die Schwierigkeit, ia Unmöglichkeit, den Titel ihrer Behauptungen auszufinden, von selbst bemerken, und sich zulezt nur auf Veriährung berufen können, oder die Critik wird den dogmatischen Schein leicht entdecken und die reine Vernunft nöthigen, ihre zu hoch getriebene Anmassungen im speculativen Gebrauch aufzugeben und sich innerhalb die Gränzen ihres eigenthümlichen Bodens, nemlich practischer Grundsätze, zurück zu ziehen.





Der
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 794. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_794.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)