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799 Vom lezten Zwecke der reinen Vernunft. 799

auf die besondere Beschaffenheit des künftigen Zustandes Rechnung gemacht werden, weil unser Begriff einer unkörperlichen Natur blos negativ ist und unsere Erkentniß nicht im mindesten erweitert, noch einigen tauglichen Stoff zu Folgerungen darbietet, als etwa zu solchen, die nur vor Erdichtungen gelten können, die aber von der Philosophie nicht gestattet werden. Wenn auch drittens das Daseyn einer höchsten Intelligenz bewiesen wäre: so würden wir uns zwar daraus das Zweckmässige in der Welteinrichtung und Ordnung im Allgemeinen begreiflich machen, keinesweges aber befugt seyn, irgend eine besondere Anstalt und Ordnung daraus abzuleiten, oder, wo sie nicht wahrgenommen wird, darauf kühnlich zu schliessen, indem es eine nothwendige Regel des speculativen Gebrauchs der Vernunft ist, Naturursachen nicht vorbey zu gehen und das, wovon wir uns durch Erfahrung belehren können, aufzugeben, um etwas, was wir kennen, von demienigen abzuleiten, was alle unsere Kentniß gänzlich übersteigt. Mit einem Worte, diese drey Sätze bleiben vor die speculative Vernunft iederzeit transscendent und haben gar keinen immanenten, d. i. vor Gegenstände der Erfahrung zulässigen, mithin vor uns auf einige Art nüzlichen Gebrauch, sondern sind an sich betrachtet ganz müssige und dabey noch äusserst schwere Anstrengungen unserer Vernunft.

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 Wenn demnach diese drey Cardinalsätze uns zum Wissen gar nicht nöthig seyn und uns gleichwol durch unsere Vernunft dringend empfohlen werden: so wird ihre

Wich-
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 799. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_799.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)