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801 Vom lezten Zwecke der reinen Vernunft. 801

Verhalten in Beziehung auf den höchsten Zweck betrift, so ist die lezte Absicht der weislich uns versorgenden Natur, bey der Einrichtung unserer Vernunft eigentlich nur aufs Moralische gestellet.

 Es ist aber Behutsamkeit nöthig, um, da wir unser Augenmerk auf einen Gegenstand werfen, der der transscendentalen Philosophie fremd[1] ist, nicht in Episoden auszuschweifen und die Einheit des Systems zu verletzen, anderer Seits auch, um, indem man von seinem neuen Stoffe zu wenig sagt, es an Deutlichkeit oder Ueberzeugung nicht fehlen zu lassen. Ich hoffe beides dadurch zu leisten, daß ich mich so nahe als möglich am Transscendentalen halte und das, was etwa hiebey psychologisch, d. i. empirisch seyn möchte, gänzlich bey Seite setze.

 Und da ist denn zuerst anzumerken: daß ich mich voriezt des Begriffs der Freiheit nur im practischen Verstande bedienen werde und den, in transscendentaler Bedeutung, welcher nicht als ein Erklärungsgrund der Erscheinungen

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  1. Alle practische Begriffe gehen auf Gegenstände des Wolgefallens, oder Mißfallens, d. i. der Lust und Unlust, mithin, wenigstens indirect, auf Gegenstände unseres Gefühls. Da dieses aber keine Vorstellungskraft der Dinge ist, sondern ausser der gesamten Erkentnißkraft liegt, so gehören die Elemente unserer Urtheile, so fern sie sich auf Lust oder Unlust beziehen, mithin der practischen, nicht in den Inbegriff der Transscendentalphilosophie, welche lediglich mit reinen Erkentnissen a priori zu thun hat.
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 801. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_801.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)