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805 Vom Ideal des höchsten Guts. 805

 1. Was kan ich wissen?
 2. Was soll ich thun?
 3. Was darf ich hoffen?

 Die erste Frage ist blos speculativ. Wir haben (wie ich mir schmeichele) alle mögliche Beantwortungen derselben erschöpft und endlich dieienige gefunden, mit welcher sich die Vernunft zwar befriedigen muß und, wenn sie nicht aufs Practische sieht, auch Ursache hat, zufrieden zu seyn, sind aber von den zwey grossen Zwecken, worauf diese ganze Bestrebung der reinen Vernunft eigentlich gerichtet war, eben so weit entfernet geblieben, als ob wir uns aus Gemächlichkeit dieser Arbeit gleich anfangs verweigert hätten. Wenn es also um Wissen zu thun ist, so ist wenigstens so viel sicher und ausgemacht, daß uns dieses, in Ansehung iener zwey Aufgaben, niemals zu Theil werden könne.

 Die zweite Frage ist blos practisch. Sie kan als eine solche zwar der reinen Vernunft angehören, ist aber alsdenn doch nicht transscendental[WS 1], sondern moralisch, mithin kan sie unsere Critik an sich selbst nicht beschäftigen.

 Die dritte Frage, nemlich: wenn ich nun thue, was ich soll, was darf ich alsdenn hoffen? ist practisch und theoretisch zugleich, so, daß das Practische nur als ein Leitfaden zu Beantwortung der theoretischen und, wenn diese hoch geht, speculativen Frage führet. Denn alles Hoffen geht auf Glückseligkeit und ist in Absicht auf das Practische und das Sittengesetz eben dasselbe, was das Wissen und das Naturgesetz in Ansehung der theoretischen Erkentniß

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Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: transsendental
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 805. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_805.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)