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810 Methodenlehre II. Hauptst. II. Absch. 810

eine Idee, deren Ausführung auf der Bedingung beruht, daß iederman thue, was er soll, d. i. alle Handlungen vernünftiger Wesen so geschehen, als ob sie aus einem obersten Willen, der alle Privatwillkühr in sich, oder unter sich befaßt, entsprängen. Da aber die Verbindlichkeit aus dem moralischen Gesetze vor iedes besonderen Gebrauch der Freiheit gültig bleibt, wenn gleich andere diesem Gesetze sich nicht gemäß verhielten, so ist weder aus der Natur der Dinge der Welt, noch der Caussalität der Handlungen selbst und ihrem Verhältnisse zur Sittlichkeit bestimt, wie sich ihre Folgen zur Glückseligkeit verhalten werden, und die angeführte nothwendige Verknüpfung der Hoffnung, glücklich zu seyn, mit dem unablässigen Bestreben, sich der Glückseligkeit würdig zu machen, kan durch die Vernunft nicht erkant werden, wenn man blos Natur zum Grunde legt, sondern darf nur gehofft werden, wenn eine höchste Vernunft, die nach moralischen Gesetzen gebietet, zugleich als Ursache der Natur zum Grunde gelegt wird.

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 Ich nenne die Idee einer solchen Intelligenz, in welcher der moralischvollkommenste Wille, mit der höchsten Seligkeit verbunden, die Ursache aller Glückseligkeit in der Welt ist, so fern sie mit der Sittlichkeit (als der Würdigkeit glücklich zu seyn) in genauem Verhältnisse steht, das Ideal des höchsten Guts. Also kan die reine Vernunft nur in dem Ideal des höchsten ursprünglichen Guts den Grund der practischnothwendigen Verknüpfung beider

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Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 810. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_810.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)