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832 Methodenlehre III. Hauptst. 832
Der
Transscendentalen Methodenlehre
Drittes Hauptstück.
Die
Architectonik der reinen Vernunft.

Ich verstehe unter einer Architectonik die Kunst der Systeme. Weil die systematische Einheit dasienige ist, was gemeine Erkentniß allererst zur Wissenschaft, d. i. aus einem blossen Aggregat derselben ein System macht, so ist Architectonik: die Lehre des scientifischen in unserer Erkentniß überhaupt und sie gehört also nothwendig zur Methodenlehre.

 Unter der Regierung der Vernunft dürfen unsere Erkentnisse überhaupt keine Rhapsodie, sondern sie müssen ein System ausmachen, in welchem sie allein die wesentlichen Zwecke derselben unterstützen und befördern können. Ich verstehe aber unter einem Systeme die Einheit der mannigfaltigen Erkentnisse unter einer Idee. Diese ist der Vernunftbegriff von der Form eines Ganzen, so fern durch denselben der Umfang des Mannigfaltigen so wol, als die Stelle der Theile unter einander a priori bestimt wird. Der scientifische Vernunftbegriff enthält also den Zweck und die Form des Ganzen, das mit demselben congruirt. Die Einheit des Zwecks, worauf sich alle Theile und in der Idee desselben auch untereinander beziehen, macht, daß ein ieder Theil bey der Kentniß der übrigen vermißt

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 832. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_832.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)