Seite:Kant Critik der reinen Vernunft V 12.png

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Vorrede.

massungen, nicht durch Machtsprüche, sondern nach ihren ewigen und unwandelbaren Gesetzen, abfertigen könne und dieser ist kein anderer als die Critik der reinen Vernunft selbst.

 Ich verstehe aber hierunter nicht eine Critik der Bücher und Systeme, sondern die des Vernunftvermögens überhaupt, in Ansehung aller Erkentnisse, zu denen sie, unabhängig von aller Erfahrung, streben mag, mithin die Entscheidung der Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer Metaphysik überhaupt und die Bestimmung so wol der Quellen, als des Umfanges und der Gränzen derselben, alles aber aus Principien.

 Diesen Weg, den einzigen, der übrig gelassen war, bin ich nun eingeschlagen und schmeichle mir, auf demselben die Abstellung aller Irrungen angetroffen zu haben, die bisher die Vernunft im erfahrungsfreien Gebrauche mit sich selbst entzweiet hatten. Ich bin ihren Fragen nicht dadurch etwa ausgewichen, daß ich mich mit dem Unvermögen der menschlichen Vernunft entschuldigte; sondern ich habe sie nach Principien vollständig specificirt und, nachdem ich den Punct des Mißverstandes der Vernunft mit ihr selbst entdeckt hatte, sie zu ihrer völligen Befriedigung auf-

gelöst.
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite (12). Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_V_12.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)