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Friedrich Kapp: Reinhold Solger. In: Aus und über Amerika, Band 1

unusual even among those born and bred to it.“ Er war deshalb auch von seinem ersten Aufenthalt in Amerika an ganz vortrefflich im Stande, die Resultate seiner Studien und Beobachtungen dem hiesigen gebildeten Publikum vorzutragen und sich mit dessen Geiste zu verständigen. Natürlich setzte das einen höhern Grad der Bildung und geistigen Freiheit voraus, als bei der Mehrzahl der politischen Flüchtlinge zu finden war, welche sich in der beschränkten Naturwüchsigkeit ihrer Nationalität den Amerikanern aufdrängen zu können glaubten. Solger erkannte ganz richtig, daß diese gar keinen Grund hatten, sich von der deutschen Individualität terrorisiren zu lassen, denn er wußte besser als seine Gegner, welche ihn als „Aristokraten“ verdächtigten, daß unsre deutsche Auffassung ebensogut ihre Vorurtheile hat wie die amerikanische, und daß andrer Seits der amerikanische Geist ebenso gut seine Berechtigung hat wie der deutsche. Der Deutsche stemmt sich gegen den schroffen Amerikanismus ebenso und mit demselben Rechte, wie sich der Amerikaner gegen den schroffen Germanismus stemmt. Durch solche gegenseitige Schroffheit werden die Parteien durchaus nur fremder und störriger gegen einander. Selbstredend verhalten sich die Amerikaner als die im Lande älteren und mächtigeren gegen den deutschen Nativismus rein abweisend und schweigen die Angriffe auf ihre Vorurtheile einfach todt. Weil Solger dieser Erkenntniß entsprechend handelte, machten ihm deutsche radikale Schreier, welche keinen zusammenhängenden englischen Satz schreiben oder sprechen konnten, den wohlfeilen Vorwurf der Gesinnungslosigkeit, der Prostitution seines Geistes oder gaben ihm wohl zu verstehen, er wolle von den Amerikanern nur ein Amt haben. Es ist ein übles Zeichen für den Charakter und Verstand solcher Neider, daß sie nach niedrigen Beweggründen spüren müssen, um sich die berechtigten Ansichten oder Schlußfolgerungen eines freiern Geistes zu erklären. Wenn irgend etwas dem Deutschen hier zu Lande zur Unehre gereicht, so ist es dieser bornirte Fanatismus der Verketzerungssucht, der bei jedem Schritte aus seinem lieben Ich heraus nichts als schwarze Tücke und grausen Unsinn erkennen kann.

Solger machte also aus innerm Beruf zu seiner Lebensaufgabe die öffentlichen Vorlesungen, in welchen ihm namentlich in den ersten Jahren seines Wirkens ein seltener Erfolg zur Seite stand. Den Amerikanern


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Friedrich Kapp: Reinhold Solger. In: Aus und über Amerika, Band 1. Verlag von Julius Springer, Berlin 1876, Seite 366. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kapp,_Aus_und_%C3%BCber_Amerika,_Band_1,_S_366.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)