Seite:Keplers Traum 052.jpg

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sich mit ihrem Anhang aus ihrem Vaterlande geflüchtet hatten, besiedelt. Im Jahre 1000 wurde das Christenthum dort eingeführt und 1261 begab sich Island unter die Herrschaft Norwegens, unter welcher Kunst und Wissenschaften aufblühten; 1540 wurde unter König Christian III. die Reformation eingeführt und durch die Einrichtung von Bildungsschulen und Bibliotheken für die Aufklärung Sorge getragen. Die Sprache der Einwohner ist die alte norwegische [isländische] mit einem reichen Schatz von Sagen [Edda].

Vielleicht hat der Umstand, dass hier schon frühzeitig Kunst und Wissenschaften zu hoher Entwicklung gelangt waren, Kepler mit veranlasst, den Ausgangspunkt seines Traumes nach dieser Insel zu verlegen.

Im Uebrigen erfahren wir aus seiner zweiten Note mancherlei Andeutungen über die Entstehung und den Grund der Scenerie seines Traumes. Ich habe das auf die Entstehung Bezügliche in der Einleitung benutzt, und lasse des Weiteren Kepler selbst reden:

Auf dieser entfernten Insel aber habe ich mir den Ort zum Schlafen und Träumen ausgesucht, um die Philosophen in dieser Art zu schreiben nachzuahmen. Denn auch Cicero setzte nach Afrika über, um dort zu träumen, Plato hat in demselben hesperischen Ocean seine märchenhafte Insel ‚Atlantic‘ erdacht und Plutarch endlich verlegt am Schluss seines Buches ‚vom Gesicht im Mond‘ seinen Standpunkt in den amerikanischen Ocean und beschreibt uns die Lage einer Insel so, dass man sie als moderner Geograph für die Azoren, für Grönland, Labrador, Island und Umgebung halten kann.

So oft ich dieses Buch Plutarchs in die Hand nehme, muss ich mich ausserordentlich darüber wundern, woher es gekommen sein mag, dass unsere Träumereien und Gedanken so genau übereinstimmen, um so mehr, als ich die einzelnen Theile völlig aus dem Gedächtniss citire und sie mir nicht etwa erst aus der Lectüre des Buches gekommen sind.

Nachdem Kepler noch des Lucian Erwähnung gethan, der, wie wir gehört, über die Säulen des Herkules hinaus in den Ocean schiffte, fährt er resumirend fort:

Dennoch haben mich die von Plutarch genannten Inseln aus dem isländischen Ocean nicht bewogen, Island zum Ausgangspunkt meines Traumes zu machen, vielmehr ist der Grund der, dass zu jener Zeit in Prag ein Buch des Lucian über die Fahrt nach dem Monde feilgeboten wurde, in’s Deutsche übertragen von Rollenhagen Sohn, zusammen mit den Erzählungen vom heiligen Bralenhagen[BN 1][WS 1] und dem patrizianischen Fegefeuer unter dem isländischen feuerspeienden Berg Hecla. Da auch Plutarch nach Meinung der heidnischen Theologie ein Fegefeuer der edlen Seelen auf dem Monde annimmt, so gefiel es mir am

Druckfehler-Berichtigung

  1. Seite 24 Zeile 4 von unten lies Brandanus statt Bralenhagen. [Druckfehler-Berichtigung S. 186.]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Brendan der Reisende (Wikipedia).
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 024. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_052.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)