Seite:Keplers Traum 071.jpg

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selbst. Abgebildet wird Selene mit einem in die Höhe stehenden halben Monde auf dem Haupte und einer Fackel; sie fährt auf einem mit Rossen oder Hirschen bespannten Wagen, um ihre Bewegung am Himmel anzuzeigen; s. auch N. [212].


28.


D. h. der Mond war mit dem Planeten Saturn in Konjunktion im Sternbild des Stiers; s. C. 74.


29.


Symbolisch für einen der Aequinoktialpunkte [Fig. 19]. Man beachte, dass im Traum die Vorgänge auf der Erde mit den Vorgängen am Himmel symbolisch in Beziehung gebracht werden: hier wird also mit dem Kreuzweg der Frühlingspunkt gemeint sein; s. C. 57.


30. [50.]


Ich halte es für nicht unmöglich, durch mannigfaltige Instrumente einzelne Vocale und Consonanten hervorzubringen, die die menschliche Stimme nachahmen. Freilich wird das immer mehr einem Geräusch und Geknarre als einer lebendigen Stimme ähnlich sein, aber ich glaube doch, dass durch diese Mechanik abergläubische Menschen leicht irregeführt werden können, so dass sie wohl vermeinen, es redeten Geister zu ihnen, während nur allein kunstvolle Werkzeuge dieses Zauberstückchen ausführen. Gleichwohl will ich, um zu entscheiden, was Wahres an der Sache ist, lieber den Versicherungen anderer glauben, als dass ich, der ich mich auf keine eigne Erfahrung berufen kann, irgend etwas behaupte.

Bei dieser Gelegenheit erinnere ich mich mit Vergnügen des Mathias Seyffart seligen Angedenkens, eines Famulus Tycho Brahes, der nach dessen Tode noch den Erben Dienste leistete, und der 3 Monate darauf verwandte, um auf Grund der Beobachtungen Tychos die Mondephemeride für ein Jahr zu berechnen. Dieser hatte eine Stimme, welche an jene Töne wohl erinnerte, er verfiel auch später in eine melancholische und phrenetische Krankheit, die nicht leicht zu nehmen war, und welche schliesslich in eine tödliche Wassersucht ausartete.

Ahnungsvolle Aussprüche, ein glückliches Errathen von dem, was einer späteren Zeit vorbehalten, finden wir bei Kepler häufig; wie anderswo auf kosmischem, so hier auf technischem Gebiet, wo er die Vermuthung ausspricht, dass es gelingen dürfte, durch eine kunstvolle Mechanik die menschliche Stimme nachzuahmen. Und eine so deutliche Vorstellung hat er von der Wirkung einer Sprechmaschine, ohne je eine solche gehört zu

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Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 043. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_071.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)