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er, ‚sind als abhängig von seinem Stande zur Sonne zu betrachten, weil der Mond eine für uns merkbare Eigenwärme nicht mehr besitzt. Doch ist auch die von der Sonne entliehene Wärme, welche der Mond theils durch unmittelbare Rückstrahlung (Reflexion), theils durch Wiederausstrahlung uns zusendet, so ungemein gering, dass die Forscher sehr lange vergeblich sich bemüht haben, dieselbe nachzuweisen. Erst in neuester Zeit ist es zuerst Lord Rosse mit Hülfe eines überaus feinfühligen Apparates gelungen, Messungen über den äusserst geringfügigen Betrag der uns zukommenden Mondwärme anzustellen‘ –.

Diese Angabe scheint indessen auch nicht allgemein anerkannt zu sein, denn eine kürzlich durch die Zeitschriften gehende Notiz meldet: ‚Ein für die Physik und Astronomie höchst wichtiges Geheimniss, an welchem sich Tyndall, Lord Rosse und Langley vergeblich abgemüht haben, scheint endlich von dem Engländer C. V. Boys, einem der Professoren von South Kensington, aufgeklärt zu sein, nämlich die Wärme des Mondlichtes zu bestimmen. Boys benutzte zu dem Zweck feine Quarzfasern, mittels welcher er eine Thermosäule von fast unglaublicher Empfindlichkeit herstellte. Er kann mit diesem Instrument die von einer Kerze ausgestrahlte Wärme noch auf 11/4 engl. Meilen nachweisen. Indem er den Mond auf die kleine Scheibe seines Apparates fallen liess, zeigte er, dass die empfangene Wärme gleich der einer Kerze auf 21 Fuss Entfernung sei.‘

Also endlich, fast 300 Jahre nach Kepler!

Was nun weiter die von Kepler erwähnte Entzündung von Wäldern und hölzernen Dächern durch die Strahlen der Sonne anbelangt, so sind mir Fälle einer Brandlegung durch direkte Sonnenstrahlen aus neuerer Zeit nicht bekannt, wohl aber weiss ich, dass zuweilen Entzündungen durch gefüllte Wasserflaschen und durch in trocknem Moos und Laub liegende Glasscherben, z. B. Flaschenböden, die von den Sonnenstrahlen unter gewissen günstigen Umständen getroffen wurden, entstanden sind. Solche Medien – man erinnere sich der zu Keplers Zeiten allgemein üblichen, zu solcher Wirkung besonders tauglichen Butzenscheiben – mögen denn auch wohl die ‚Brandstifter‘ gewesen sein.

Alte Chroniken enthalten freilich manche interessante einschlägige Notizen. So wird in einer solchen berichtet, dass im Jahre 994 die Sonnenhitze so stark gewesen sei, dass die Bäume von selbst anbrannten und ebenso erzählt ein Chronist vom Jahre 1135, es sei die Hitze so gross gewesen, dass auf den Heiden und in den Wäldern Feuer entstand. Wahrscheinlich werden diese Feuer aber durch Unvorsichtigkeit bei der allgemeinen Dürre entstanden sein, so dass Keplers Angaben, die er wohl aus solchen Chroniken schöpfte, auf einer missverstandenen Stelle des Erzählten beruhen. In einer Chronik von Burgund heisst es ausdrücklich:

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Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_159.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)