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Kugel, die man aus bedeutender Höhe in einen mit Gyps und Lehm gefüllten Kasten herabfallen lässt: man erhält dann ein getreues Abbild von Mondoberflächenformen dieser Art.

In den Centralbergen kann man den sitzengebliebenen Kern des aufgeschlagenen, zerschellten Weltkörpers erkennen, ähnlich wie von einem gegen eine harte Fläche geworfenen Schneeball ein Kern haften bleibt, während die äusseren Theile auseinanderstieben.

Berücksichtigt man neben der Percussion der fallenden Körper die dadurch verursachte Erhitzung und Explosion, so begreift man wohl die Bildung jener ungeheuren, steilen und nahezu cylindrischen Kraterwände, die durch vulkanischen Auswurf nicht zu erklären sind. Die Wirkung der Explosion nach der Seite hin war es, welche die Masse des zerspringenden Körpers, vielleicht auch schon früher vorhandenes lockeres Material, in das der Körper sich einrammte, in Gestalt eines schroffen Ringgebirges emporthürmte.[UE 1]

Die Strahlensysteme entstanden vielleicht durch schwächere Stösse – wobei der noch nicht ganz spröde Ueberzug [Schmelze] nur einsprang, ähnlich wie eine angestossene Lackschicht – welche die Structur dadurch an dieser Stelle so veränderten, dass die Fähigkeit, das Licht zu reflektiren, modificirt wurde. Wenigstens könnte man sich so den Umstand erklären, dass die Strahlensysteme bei verschiedener Beleuchtung oft ein ganz anderes Aussehen erhalten, ja völlig verschwinden.

Auch die sogn. Rillen und Adern der Mondoberfläche, sowie die Mare sind Folgen des Stosses auf sie herabfallender mächtiger Weltkörper. So bringt ja auch der Stein, der durch eine Fensterscheibe geworfen wird, radienförmige Sprünge hervor und ein mit Vehemenz durch dünnes Eis geschleuderter fester Körper wird verursachen, dass das aufgewühlte Wasser die Oeffnung weiter ausbricht, die Umgegend überschwemmt und sie mit den Trümmern des Eises bedeckt.

Die Zeitschrift ‚Der Stein der Weisen‘[UE 2] brachte kürzlich einen bemerkenswerthen Artikel über den fallenden Tropfen, illustrirt durch eine Reihe von 16 aufeinanderfolgenden, in einem Zeitraum von 2 Sekunden vollzogenen Momentaufnahmen. Die danach sich darstellenden Gebilde

Anmerkungen des Übersetzers

  1. Dieser meteorischen Einwirkung schreibt man auch die Erhaltung der Sonnenwärme zu. Die Kraft des Anpralls der in unzähliger Menge auf die Sonne herabfallenden Meteore wird hier in Wärme umgesetzt. J. R. Meyer in Heilbronn war der Erste, der um die Mitte unseres Jahrhunderts auf diesen Vorgang aufmerksam machte und spätere Physiker haben erwiesen, dass seiner Theorie der Sonnenwärme ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit zukommt.
  2. Eine Zeitschrift, welche hauptsächlich alle Neuheiten auf schöpferischem Gebiet verfolgt. A. Hartlebens Verlag. Wien.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_166.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)