Seite:Keplers Traum 178.jpg

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und durchscheinend, nach dem Horizont zu jedoch immer, selbst wenn im Zenith nur ganz wenige stehen, vollständig dicht.

Dies sind die Beweise des Mästlin für die Mondatmosphäre und dies ihre Beweiskraft.

Hiernach bringt er nun die 152. und vorletzte These des Buches, in welcher er die Mondatmosphäre mit unserer Erdatmosphäre vergleicht, er stellt vergleichende Betrachtungen an über den glänzenden Saum, der als Ursache der wunderbaren Erscheinung unserer Morgenröthe gilt, er erhebt unsere Blicke hinauf zur Höhe, wie ich zum Monde, damit wir von dort die Erscheinungen auf unserer Erde als völlig ähnlich anerkennen.

Endlich fügt er der Note noch eine Bemerkung bei und sagt:

„Ob jene Atmosphäre ähnlich wie die unsrige sich zu Wolken zusammenballt, welche durch ihre Undurchsichtigkeit das Aussehen vollständig fester Körper gewähren, in dem Grade, dass sie wie bei uns die auf- und untergehende Sonne weiss oder feurig erscheinen machen, das lassen wir dahin gestellt. Das wenigstens lehrt uns sicher die Erfahrung, dass nämlich jene umschliessende Hülle zu verschiedenen Zeiten mehr oder weniger klar erscheint.“

Und meiner aptirten Hypothese fügt er ein geeignetes Beispiel hinzu:

„Im Jahre 1605 am Abend vor Palmarum, während der Mond im Untergehen war und ungefähr die Farbe von weissglühendem Eisen hatte, wurde nach Norden hin auf ihm ein schwärzlicher und dunkler wie die übrige Fläche anzusehender Fleck erblickt, so dass man hätte sagen können, es sei eine weithin ausgedehnte regen- oder gewitterschwangere Wolke gewesen, wie sie Leuten, die von hohen Bergen in tiefe Thäler hinabschauen, häufig zu sehen gelingt.“

Ich kam einige Zeit darauf mit Mästlin in ein Gespräch, in welchem er mir versicherte, dass jener Flecken nicht von gewöhnlicher Grösse gewesen sei, sondern ungefähr die Hälfte des Durchmessers eingenommen hätte. Dies nun ist es, mit dessen Niederschrift ich den letzten Theil meines Traums beschloss und mit dessen Wiederholung will ich auch die Noten beschliessen.

Wenn ich es unternehme, in Nachstehendem auf das Thema von der Mondatmosphäre, welches wissenschaftlich so gut wie abgeschlossen ist, einzugehen, so geschieht es, weil ich glaube, dass die Beweise Mästlins mit den Widerlegungen und Bemerkungen Keplers dem beregten Gegenstand doch noch eine oder die andere, bisher wenig beachtete Seite darbieten, jedenfalls besonders geeignet erscheinen, populäre Fragen und Zweifel zu streifen und zu lösen.

Es muss zunächst auffallen, dass Kepler, der die Beweise Mästlins zum Theil glänzend widerlegt, trotzdem an dem Glauben einer Mondatmosphäre festhält, ohne nun seinerseits nach direkten Beweisen dafür zu

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_178.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)