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Gestalt auf die Freitreppe hinaus. „Egon – Sterneck. Er fährt zur Station,“ dachte Mareile. Sie mußte sich abwenden. „Er pariert Order,“ sagte sie kummervoll vor sich hin. Ein unerträgliches Gefühl der Demütigung machte sie krank.


Am Nachmittage wurde ein Spazierritt nach dem Walnösee unternommen. Auf einem Hügel machte die Gesellschaft halt und lagerte sich unter den großen Tannen. Unten lag der See, ein rundes Wasserbecken, schwarz und regungslos. Es wollte nicht recht heiter werden in der Gesellschaft. Auf allen Gesichtern zeigte sich ein ruhevolles Sinnen.

„Wollen wir wenigstens singen, wenn wir uns nichts zu sagen haben,“ sagte Günther, der solche Stimmungen nicht liebte: „Also, Verlassen, verlassen –“

Verlassen bin i –
Wie der Stein auf der Straße;
Kein Mensch mag mi ni.

Das war das Rechte. Alle sangen mit. Diese Klage tat ihnen wohl. Der See begann zu dampfen; straffgezogene Nebelstreifen hingen über dem Wasser. Rehe, von dem Gesange erschreckt, flohen leidenschaftlich bellend in den Wald. Mareile saß am Rande des Abhanges, die Hände im Schoße gefaltet, die Augen voller Abendschein, und um sie her der Fürst, Remm, Tettau, Berkow. Alle dachten nur an sie, fühlten nur sie. Günther seufzte: „Ach ja, das gehört dazu! ein Mädchen, das uns betrunken macht.“ Warum zählte er nicht auch noch mit!

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Eduard von Keyserling: Beate und Mareile. S. Fischer, Berlin [1903], Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Beate_und_Mareile.djvu/44&oldid=- (Version vom 1.8.2018)