Seite:Keyserling Beate und Mareile.djvu/92

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Ende einer Angst, einer Spannung zu stehen pflegt. „Also dann – gute Nacht – Mareile.“ Er freute sich auf den ruhigen Schlaf der Nacht.


Günther, bleich und müde, hielt es im lavendelfarbenen Wohnzimmer bei den guten, beruhigten Menschen nicht lange aus. Dort bedauerte Beate ihn und sah ihn aus hellen Augen freundlich an. Man sprach von der Ernte. Tante Lolo erzählte von längst vergangenen Ernten auf alten Familiengütern. Das Kind wurde gebracht, der kleine Went. Günther ließ ihn auf dem Knie reiten. „Vater und Sohn,“ sagte Tante Lolo gefühlvoll; und bei all dem dachte Günther doch immer nur: „Wo ist Mareile? Wo ist Mareile?“ Er stand auf, ging eilig fort, als riefe ihn ein dringendes Geschäft.

Mareile jedoch erschien erst am Abend im Schlosse. Wenn die anderen im Gartensaal saßen, ging sie draußen auf der Gartentreppe auf und ab. Sie versuchte es, mit ihrem Willen Günther vom Whisttisch herauszuziehen. Wenn man sich liebt, muß solch ein „Komm, komm“ doch zwingen. Die Nacht war sehr schwarz. Ab und zu leuchtete ein Wetter auf und zeigte eine blaue Glaswelt. „Mareile,“ rief Günther in die Dunkelheit hinein.

„Fühlten Sie, daß ich Sie zog?“ fragte Mareile.

„Oh! – Gewiß!“ Dann lachten sie beide halblaut. „Was haben Sie den Tag über gemacht?“ fragte Günther. „Ach! nicht viel!“ Sie sprachen über kleine, alltägliche Dinge, aber die Worte glichen einem sanften Halten der Hände. Oder sie lehnten am Gitter der Veranda und versuchten es, den

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Eduard von Keyserling: Beate und Mareile. S. Fischer, Berlin [1903], Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Beate_und_Mareile.djvu/92&oldid=- (Version vom 1.8.2018)