Seite:Keyserling Wellen.pdf/135

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mir alles gleich, ich würde jedes Hindernis nehmen, ich würde dem Gaule und mir den Hals brechen. Ich sehe dann nur eines, ich will dann nur eines, das Ziel. Ich will es so stark, ich will es so einzig, ich bin so voll davon bis in jeden Nerv, daß ich mich wundere, daß das Ziel mir nicht entgegenkommt. So nur eins wollen, nur eins sehen und darauf zujagen, das ist eigentlich die einzige Art, wirklich zu leben.“

Sie waren stehen geblieben, Doralice schaute vor sich nieder und dachte: „Wovon spricht er denn mit dieser leisen, heißen Stimme, ja so, er spricht von Pferden“ und plötzlich mußte sie an Hans Grill denken, wie er einmal drüben im Schlosse zu ihr so begeistert von seiner Kunst gesprochen hatte, daß sie sich sagte: „Jetzt spricht er nicht mehr von seiner Kunst, jetzt spricht er von mir.“ Hinter ihnen lachte jemand, es waren Nini und Wedig, die den Hügel heraufkamen. Doralice wandte sich lebhaft ihnen zu. „Ach,“ sagte sie, „kommen Sie, wir wollen zusammen den Abhang hinunterlaufen.“

Sie legte den einen Arm auf Wedigs Schultern, den andern auf Ninis und so liefen alle drei den Hügel hinab. Hilmar schaute ihnen nach, dann blickte er zum Monde auf und verzog seltsam sein

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/135&oldid=- (Version vom 1.8.2018)