Seite:Keyserling Wellen.pdf/138

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

es mir jetzt noch, wenn wir abends vom Spaziergange nach Hause kommen und Agnes steht da mit der Lampe, dann ist mir auch zuweilen so, als könnte ich weinen.“ Hilmar lacht grimmig: „Ich begreife, daß man in solchen Augenblicken diese Agnes erwürgen könnte.“

„O nein,“ wehrte Doralice, „Agnes ist eine gute alte Frau, aber in solchen Augenblicken steht deutlich auf ihrem Gesichte zu lesen: was sind Sie denn so glücklich, es wird gleich wieder alles unangenehm und widerwärtig sein.“ Hilmar beugte sich vor, um Doralice in das Gesicht zu sehen mit Augen, auf deren pechschwarzem Grunde ganz winzig sich eine rote Laterne spiegelte, ein blutroter Punkt.

„Und diese Agnesen haben recht,“ sagte er leise, „es wird gleich wieder alles unangenehm und widerwärtig und daher ist es eine Dummheit, wenn wir wissen, daß da irgendwo ein kleiner glücklicher Augenblick zu haben ist und wir irgend etwas anderes tun, als diesem Augenblicke nachzujagen.“

Doralice lehnte sich in den Schatten zurück, um aus dem Bereich der schwarzen Augen zu kommen, die ihr wehtaten, und fragte, um etwas zu sagen: „Sie waren als Kind allein?“

„Ja,“ erwiderte Hilmar, „ich bin das einzige

Empfohlene Zitierweise:
Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/138&oldid=- (Version vom 1.8.2018)