Seite:Keyserling Wellen.pdf/140

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verstünde es sich von selbst, Doralice den Arm; der Tanz begann auf dem freien Platz unter den Bäumen. Die hellen Frauengestalten aus dem unsicheren Lichte der bunten Laternen in einem Streifen hellen Mondscheins hinein wurden plötzlich durch einen tiefen Schatten ausgelöscht, um dann wieder aufzutauchen. Knospelius hatte seinen Kneifer aufgesetzt und betrachtete aufmerksam, als säße er in seiner Theaterloge, das Schauspiel.

„Bitte zu beachten,“ sagte er zu der Generalin, „eine Mondscheinquadrille wird anders getanzt als eine Sonnenuntergangsquadrille. Die Bewegungen der Damen sind weicher; da ist so was von angenehmer Mattigkeit drin, ganz wie die Musselinkleider, die auch abends so eine angenehme Welkheit bekommen.“

„Ach gehen Sie,“ entgegnete die Generalin ärgerlich, „Sie sehen unsere Mädchen an, wie man Käfer ansieht, die man sammelt. Oder ist es besonders der eine fremde Käfer, der Sie interessiert?“

„Nein, nein, alle,“ meinte Knospelius, „ich muß eben die Stimmung meiner Gäste studieren. Auf einem Feste darf nie der Augenblick kommen, in dem die Gäste fühlen: bei allem, was wir hier tun, ist doch nichts dahinter.“

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/140&oldid=- (Version vom 1.8.2018)