Seite:Keyserling Wellen.pdf/151

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Hilmar errötete. „Unsinn,“ meinte er. „Mir ist gewiß nicht höflich zu Mute, aber gleichviel, ich kam herauf, weil ich glaubte, daß Sie sich langweilen würden.“

„Ja, warum glaubten Sie, daß ich mich langweilen würde?“ fragte Doralice.

„Nun, weil,“ sagte Hilmar, „weil ich sah, daß Sie nur dieses Buch da mit hatten und ich annahm, daß an diesem schwülen, etwas traurigen Tage das Schicksal der Miß mit den zu rosa Wangen und zu goldenen Haaren, die sich einen ganzen Band darüber kränkt, daß sie sich in einem Park von einem Herrn hat küssen lassen, Sie auch traurig stimmen würde.“

Doralice lächelte matt.

„Sollen wir nicht eine Zigarette rauchen?“ schlug Hilmar vor. Ja, Doralice nahm eine Zigarette an, ließ sich Feuer geben und dann rauchten beide und schwiegen und hörten dem Schrillen der Feldgrillen zu. Endlich bemerkte Doralice: „Sie wollten mich ja unterhalten?“

„Ja, ach ja,“ erwiderte Hilmar zögernd, als ließe er sich nur ungern im ruhigen Betrachten der hellen Gestalt vor sich stören. „Aber es gibt Lebenslagen, die so wohltuend sind, daß man sie mit Sprechen nur verdirbt. So hätte ich es als

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/151&oldid=- (Version vom 1.8.2018)