Seite:Keyserling Wellen.pdf/184

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außer vielleicht, daß Sie noch ein wenig zufriedener aussehen könnten. Haben Sie bemerkt, wenn ein Kind etwas ganz Süßes ißt, dann wird es ernst und die Augen werden groß und füllen sich etwas mit Tränen. So sollten Sie aussehen.“

„Ach,“ meinte Doralice ungeduldig, „wollen Sie mir auch sagen, wie ich bin?“

„Nein, nein,“ versicherte Hilmar, „ich meine nur, in Ihren Augen ist noch ein ganz klein wenig von dem Blick von gestern abend zurückgeblieben.“

„Was ist das für ein Blick?“ fragte Doralice.

– „Nun, als Sie gestern abend bei der Lampe auf Ihrem Sessel saßen und vor sich hinsahen,“ erklärte Hilmar. „Ja, ich habe durch Ihr Fenster zu Ihnen hineingeschaut; ich tue das immer, natürlich, was soll ich anders tun? Sie finden das unerhört. Es ist vielleicht unerhört, aber ich würde noch viel unerhörtere Dinge tun. Sind Sie böse?“

„Ach ja,“ sagte Doralice langsam und träge, „gewiß bin ich böse, aber später, nicht jetzt.“

– „Gut, später,“ schloß Hilmar die Unterhaltung. „Rauchen wir eine Zigarette.“ Die Sonne schien heiß auf das Meer nieder, ihr gelber Glanz floß wie Öl an den Wellen herab, Möwen

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/184&oldid=- (Version vom 1.8.2018)