Seite:Keyserling Wellen.pdf/193

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kalt Ihre Hände sind, Sie frieren vor Einsamkeit,“ da öffnete sie die Augen. Hilmar kniete neben ihr und seine Augen ruhten wieder auf ihr mit jenem eigensinnigen, gewaltsamen Begehren, das sie schwach machte, sie fast schmerzte. „Warum sind Sie hier?“ fragte sie.

„Warum?“ erwiderte Hilmar ungeduldig, „wo soll ich denn anders sein? Zu den anderen gehöre ich nicht mehr, das wissen Sie ganz gut, Doralice.“

– „Nein, das ist schlecht,“ erwiderte Doralice.

„Schlecht, vielleicht,“ erwiderte Hilmar, „aber unsere Schlechtigkeit, Ihre und meine. Und wenn die anderen verfluchen und verfemen, dann sind wir erst miteinander allein, so wie heute mittag auf dem Meer. Dann können wir uns ein Leben erfinden, das ganz unser Leben ist. Es ist ja zu dumm, immer das Leben zu leben, das die anderen sich für uns ausdenken. Nein, hören Sie, Sie können nicht das Leben des Herrn Grill leben, und ich kann nicht der Bräutigam meiner kleinen Heiligen sein, das ist doch verständlich. Also, morgen soll ich zu meinem Regiment zurück, um mich zu bessern. Aber Sie werden sagen, daß ich bleiben soll, und ich bleibe und das Regiment und die Uniform und alles, alles zählt

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/193&oldid=- (Version vom 1.8.2018)