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nicht. Und Sie, Doralice, werden Herrn Grill entlassen.“

– „Sprechen Sie nicht so,“ unterbrach ihn Doralice. „Er ist gut.“

„Gut! gut!“ rief Hilmar, „natürlich ist er gut, alle sind sie gut, die anderen, nur wir sind nicht gut, wir können nicht gut sein, daher sollen sie uns unseren eigenen Weg gehen lassen.“

Doralice seufzte, seufzte ganz tief und sagte dann leise: „Jetzt müssen Sie gehen.“

„Ja, jetzt, jetzt,“ wiederholte Hilmar. Er schüttelte Doralicens Hände, die er fest in den seinen hielt, und ein ausgelassener Triumph leuchtete aus seinen Augen: „Sie sagen jetzt, aber ich kann kommen und dann – dann –“

Am Fenster, das nach der Düne hinausging, stand einen Augenblick Lolo und das weiße Gesicht schaute ernst in das Zimmer hinein.

Lolo war, wie jeden Abend, mit Nini in ihre Giebelstube hinaufgestiegen und hatte sich zu Bett gelegt. Dort lag sie wach da und schaute mit weitoffenen Augen in das Dunkel hinein. Sie dachte ihren einen großen, unklaren Gedanken, den sie all diese Tage über mit sich herumgetragen hatte, der in ihr gewachsen und mächtig geworden war. Ein Opfer, ein Opfer wollte sie bringen.

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/194&oldid=- (Version vom 1.8.2018)