Seite:Keyserling Wellen.pdf/210

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konnte seine schöne Gestalt zuweilen das Schwere, Ungelenke eines Dorfburschen bekommen, der müde von der Feldarbeit ist. „Was kann ich sagen,“ versetzte er, „was habe ich für ein Recht? Das Recht, das du mir gegeben hast, kannst du mir nehmen und dem anderen geben. Wie du es dem alten Herrn genommen und es mir gegeben hast, anders ist es nicht. Wir Bauern können gut rechnen.“

Doralice hob die Arme empor und legte die ineinander gerungenen Hände auf ihren Scheitel: „Du bist sehr gerecht,“ stieß sie hervor und es klang wie Zorn, „aber so ist es nicht. Da ist kein anderer. Er ist fort, ganz fort. Er hat kein Recht. Ich brauche keinen, der vor mir kniet,“ sie brach ab und die aufsteigenden Tränen machten ihre Stimme unsicher und leise, als sie hinzufügte: „Was hilft das? Was soll ich jetzt tun?“

Hans wandte sich ab und sah zum Fenster hinaus. Einen Augenblick war es wieder ganz still im Zimmer. Draußen auf dem Zaune sangen noch immer die Kinder ihr: „Henne, henne, helle, helle, ho, ho!“ in den Wind hinein. Endlich wandte er sich um, ging langsam zu Doralice hin, strich vorsichtig mit der Hand über ihr Haar und sagte: „Was kannst du tun? Jetzt wird es

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/210&oldid=- (Version vom 1.8.2018)