Seite:Keyserling Wellen.pdf/241

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als wir nun denken, die Gans muß fertig sein, und nachschauen, da ist die Gans fort. Das war nun ein Geschrei und Suchen, aber fort war fort, wie ein Wunder kam es uns vor. Mir fiel es wohl einen Augenblick auf, daß der Hans und die anderen Jungen für eine Weile nicht zu sehen waren, rein zu verschwunden, wie der Jude zu Michaelis. Nun aber ich dachte mir nichts dabei. Erst später, lange hernach, hat der Hans es mir gesagt, hat der verfluchte Schlingel die Gans aus dem Rohr gestohlen und zusammen mit den anderen Jungen oben auf dem Heuboden aufgefressen. Ich habe ihm versprechen müssen, es keinem zu sagen, und bis heute habe ich es keinem gesagt. Aber so was, die Gans aus dem Rohr zu stehlen und aufzufressen!“

Agnes’ Lachen klang herzlich und behaglich in das Pfeifen und Stöhnen des Windes hinein. –

In der Nacht hatte sich der Sturm gelegt. Der Regen dauerte noch den ganzen Vormittag des nächsten Tages an, erst am Nachmittage hörte er auf. Doralice ging zum Strande hinab, eilig, als warte dort jemand auf sie, die Wellen hatten den Sand aufgepflügt, ihr Fuß sank tief in Algen und Seetang ein. Unter dem eisengrauen Himmel lag das Meer weiß von Schaum

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/241&oldid=- (Version vom 1.8.2018)