Seite:Keyserling Wellen.pdf/49

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nicht mehr deine Frau bin, daß ich nicht mehr deine Frau sein darf, daß ich mit Hans Grill gehe, daß, daß –“ sie hielt inne, Schrecken und Verwunderung über den Anblick des Mannes dort im Sessel ließen sie nicht weiter sprechen. Er knickte in sich zusammen und sein Gesicht verzog sich, wurde klein und runzlig. War das Schmerz? War das Zorn? Es hätte auch ein unheimlich scherzhaftes Gesichterschneiden sein können. Mit großen angstvollen Augen starrte Doralice ihn an. Da schüttelte er sich, fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, richtete sich stramm auf. „Allons, allons“, murmelte er. Er erhob sich und ging mit steifen, zitternden Beinen an das Fenster und schaute hinaus. Doralice wartete angstvoll, aber auch sehr neugierig, was nun kommen würde. Endlich wandte sich der Graf zu ihr um, das Gesicht aschfarben, aber ruhig. Er zog seine Uhr aus der Westentasche, wurde etwas ungeduldig, weil die Kapsel nicht gleich aufspringen wollte, schaute dann aufmerksam auf das Zifferblatt und sagte mit seiner diskreten, höflichen Stimme: „Fünf Uhr dreißig geht der Zug.“ Er sah auch nicht auf, als Doralice jetzt langsam aus dem Zimmer ging.

„Mein Herz schlug dabei sehr stark,“ hatte später Doralice zu Hans Grill gesagt, „ich hörte

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/49&oldid=- (Version vom 1.8.2018)