Seite:Keyserling Wellen.pdf/70

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es bei Wardeins sehr eng sei? Nein, das war zu unpersönlich, so sagte sie denn: „Gnädige Frau, ich sehe Sie jeden Abend von meinem Fenster aus im Mondschein spazieren gehen.“

„So,“ erwiderte Doralice und legte sich auf die Seite, um Lolo ansehen zu können, ihr Gesicht war über und über mit flimmernden Tropfen übersäet, „das ist dann wohl Ihr Fenster oben im Giebel, in dem ich jeden Abend Licht sehe?“

„Ja,“ rief Lolo begeistert zurück. Es freute sie, daß Doralice zu ihr hinaufgeschaut hatte. Nun waren sie angekommen und gingen ans Ufer.

„Es ist hübsch,“ meinte Doralice, „so zu zweien zu schwimmen,“ und sie reichte Lolo die Hand. Lolo nahm diese kleine feuchte Hand, hielt sie einen Augenblick und führte sie dann schnell an ihre Lippen. „Ich – ich danke Ihnen, gnädige Frau,“ sagte sie leise.

„Nicht doch,“ wehrte Doralice, beugte sich vor und küßte Lolo auf den Mund.

Von der Düne her aber bewegte sich ein Zug eilig auf Lolo zu. Voran Frau von Buttlär, die unausgesetzt „Lolo!“ rief und mit dem Taschentuch winkte, ihr folgte Fräulein Bork mit dem Badetuche, dann Wedig die Hände in den Hosentaschen und ein ironisches Lächeln auf den Lippen und

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/70&oldid=- (Version vom 1.8.2018)