Seite:Keyserling Wellen.pdf/81

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

auf der ersten Sandbank steht und der andere auf der zweiten. Und keiner versteht, was der andere sagt, und wir rufen uns nur immer: was? was? zu.“

Hans war aufgesprungen, er stand vor Doralice und sah sie an. Wie ruhig sie dalag in ihrem gelben Sommerkleide, das heiße Gesicht ganz umflimmert von dem blonden Haar, wie ein friedlich schlafendes ganz junges Mädchen sah sie aus. Nur das Zucken des Mundes mit den schmalen zu roten Lippen sprach von einer Erregung, die in ihr wach war. „Weiß sie denn nicht, was ich leide?“ dachte Hans. Er drückte seinen Strohhut tiefer in die Stirn und lief die Düne hinab an das Meer. Ins Wasser gehen, schwimmen, das war in solchen Augenblicken noch das einzige, was er tun konnte.

Hans Grill hatte nie erwartet, daß das Leben ihn verwöhne, er hatte sich tapfer genug mit Not und Widerwärtigkeiten herumgeschlagen; aber er hatte ihm vertraut, er hatte es zuweilen hart gefunden, aber nie unverständlich. Alles Unklare in der Welt wurde sofort klar, wenn Hansens zwanzigjähriger Egoismus es zu sich selbst in Beziehung brachte, und alle Rätsel lösten sich, wenn er ihnen die Frage stellte: bist du für oder gegen Hans Grill? Jetzt aber verstand er nicht mehr. Etwas

Empfohlene Zitierweise:
Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/81&oldid=- (Version vom 1.8.2018)