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die sich wieder an dich herandrängen, sich wieder zwischen dich und mich stellen will, das ist es.“

„Meine Gesellschaft,“ erwiderte Doralice, etwas Müdes in der Stimme, „die drängt sich gewiß nicht an mich heran. Die kleine Buttlär dort auf der Sandbank, welch ein seltsames Gesicht sie machte, ein Gesicht, als habe sie ein ganz verwegenes, ganz verbotenes Abenteuer zu bestehen.“

– „So laß sie doch alle,“ rief Hans, faßte Doralice bei den Schultern und drückte sie an sich mit einer zornigen Leidenschaftlichkeit, „die gehen uns alle nichts mehr an.“

„O ja,“ erwiderte Doralice, „ich lasse sie und sie lassen mich.“

Die Sonne ging unter, das strenge Licht schmolz, wurde zu roten und violetten Dunstschleiern, ehe es erlosch. Dann gab es, ehe der Mond höher stieg, eine kurze Zeit des Zwielichts, das den Augen wohltat. Aber diese bleiche Dämmerung legte über das grauwerdende Meer eine unendliche Einsamkeit, das Meer wurde ernst und traurig.

„Warum sprichst du nicht?“ fragte Hans Doralice, während sie wie jeden Abend Arm in Arm den Strand entlang gingen.

„Ich weiß nicht,“ antwortete Doralice, „um diese Zeit ist die Luft immer so sorgenvoll.“

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/87&oldid=- (Version vom 1.8.2018)