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„Wir haben keine Sorgen,“ entschied Hans mit Nachdruck.

„Nein, wir haben keine Sorgen,“ wiederholte Doralice, „ich fürchtete schon, du würdest sagen: Freie Menschen haben keine Sorgen.“

„Und wenn ich das gesagt hätte?“ Doralice lachte: „Du siehst, heute ist kein glücklicher Sprechtag. Sobald wir zu sprechen anfangen, streiten wir uns.“

„O, das tut nichts,“ erklärte Hans, „was in uns ist, muß heraus, das gibt Vertrauen.“

Doralice wiegte müde ihren Kopf. „Ach, das ist so umständlich. Weißt du, um sich ganz zu verstehen, müssen wir es so machen wie die da vor uns.“ Sie wies auf ein stilles Liebespaar hin. Der Bursch und das Mädchen wiegten ihre schweren Körper wohlig hin und her, schwenkten taktmäßig die herabhängenden Arme. Doralice ließ Hansens Arm los: „Ganz so wie die,“ sagte sie. Und nun gingen sie auch nebeneinander her, wiegten sich in den Hüften, schwenkten die Arme und schwiegen. Allein, als sie eine Weile so gegangen waren, blieb Hans stehen. „Nein, das geht nicht,“ sagte Hans, „wenn du so still neben mir gehst, glaube ich, du denkst etwas Unfreundliches von mir oder du hast etwas gegen mich.“

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/88&oldid=- (Version vom 1.8.2018)