Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1812 II 024.jpg

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kriechen und schüttete ihr ganzes Herz aus, wie es ihr bis dahin ergangen und wie sie von der bösen Kammerjungfer betrogen worden war. Aber der Ofen hatte oben ein Loch, da lauerte ihr der alte König zu und vernahm ihr Schicksal von Wort zu Wort. Da war’s gut und Königskleider wurden ihr alsbald angethan und es schien ein Wunder, wie sie so schön war; der alte König rief seinen Sohn und offenbarte ihm, daß er die falsche Braut hätte, die wäre ein bloßes Kammermädchen, die wahre aber stände hier, als die gewesene Gänsemagd. Der junge König aber war herzensfroh, als er ihre Schönheit und Tugend erblickte und ein großes Mahl wurde angestellt, zu dem alle Leute und gute Freunde gebeten wurden, obenan saß der Bräutigam, die Königstochter zur einen Seite und die Kammerjungfer zur andern, aber die Kammerjungfer war verblendet und erkannte jene nicht mehr in dem glänzenden Schmuck. Als sie nun gegessen und getrunken hatten und gutes Muths waren, gab der alte König der Kammerfrau ein Räthsel auf: was eine solche werth wäre, die den Herrn so und so betrogen hätte, erzählte damit den ganzen Verlauf und fragte: „welches Urtheils ist diese würdig?“ Da sprach die falsche Braut: „die ist nichts bessers werth, als splinternackt ausgezogen in ein Faß inwendig mit spitzen Nägeln beschlagen geworfen zu werden, und zwei weiße Pferde davor gespannt müssen sie

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1815). Berlin 1815, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_II_024.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)