Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1812 II 184.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


ganz gerad’ fort, über Berg und Thal; endlich kam er in eine große Stadt und mitten in die Kirche, wo eben Gottesdienst gehalten wurde. Wie er all die Herrlichkeit sah, meinte er, nun wär’ er im Himmel angelangt, setzte sich hin und war froh. Als der Gottesdienst vorbei war, kam der Küster und hieß ihn hinausgehen. „Nein, sprach er, ich gehe nicht heraus, ich bin froh, daß ich endlich im Himmel bin.“ Da ging der Küster zum Pfarrer und sagte ihm, es wär’ ein Junge in der Kirche, der wolle nicht wieder heraus, weil er glaube, er wäre da im Himmelreich. Der Pfarrer sprach: „wenn’s so ist, wollen wir ihn behalten,“ ging hin und fragte ihn, ob er auch Lust hätte zu arbeiten? Ja, antwortete der Kleine, Arbeiten sey er gewohnt, aber heraus ginge er nicht. Also blieb er in der Kirche und als er sah, wie die Leut’ zu dem Muttergottesbild mit dem Jesuskind, das aus Holz geschnitten war, kamen, knieten und beteten, meinte er, das wär’ der liebe Gott und sprach: „hör’ einmal, lieber Gott, was bist du mager! wie dich die Leut’ hungern lassen! ich will dir auch jeden Tag mein halbes Essen bringen.“ Nun bracht er dem Bild jeden Tag die Hälfte von seinem Essen und das Bild fängt auch an zu essen. Wie ein paar Wochen herum sind, merkten die Leute, daß das Bild zunahm, dick und stark ward, wunderten sich sehr; der Pfarrer konnte es auch nicht begreifen, blieb

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1815). Berlin 1815, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_II_184.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)