Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1812 II 241.jpg

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und auszumachen, wo die Königstöchter ihre Schuhe vertanzten.“ „Ei, sagte die Alte, das ist so schwer nicht, du mußt nur den Wein nicht trinken, den dir die eine Abends bringt, und mußt thun, als wärst du fest eingeschlafen.“ Darauf gab sie ihm ein Mäntelchen und sprach: „wenn du das umhängst, so bist du unsichtbar und kannst den Zwölfen dann nachschleichen.“ Wie der Soldat so guten Rath bekommen hatte, wards Ernst bei ihm, so daß er sich ein Herz faßte, vor den König ging, und sich als Freier meldete. Er ward so gut aufgenommen wie die andern auch, und wurden ihm königliche Kleider angethan. Abends zur Schlafenszeit wurde er in das Vorzimmer geführt, und als er zu Bette gehen wollte, kam die älteste und brachte ihm einen Becher Wein, aber er schüttete ihn heimlich aus, legte sich nieder, und als er ein Weilchen gelegen hatte fing er an zu schnarchen, wie im tiefsten Schlaf. Das hörten die zwölf Königstöchter, lachten, und die älteste sprach: „der hätte auch sein Leben sparen können!“ Darnach standen sie auf, öffneten Schränke, Kisten und Kasten, und holten prächtige Kleider heraus, putzten sich vor den Spiegeln, sprangen herum und freuten sich auf den Tanz. Nur die jüngste sagte: „ich weiß nicht, ihr freut euch, aber mir ist so wunderlich zu Muthe, gewiß widerfährt uns ein Unglück.“ – „Du Schneegans, sagte die älteste, du fürchtest

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1815). Berlin 1815, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_II_241.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)