Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1812 II 308.jpg

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Fleisch, es ist aber noch roh. Da spricht der jüngste: „geht ihr beyde und schafft einen Trank, ich will derweil das Fleisch braten.“ Also steckte er den Braten an einen Spieß, und wie er brutzelt, steht auf einmal ein Erdmännchen neben ihm mit einem langen weißen Bart bis an die Knie, und zittert an Händen und Füßen. „Laß mich beim Feuer meine Glieder wärmen, so will ich dafür den Braten wenden und mit Butter begießen!“ Der Ritter erlaubt ihm das, nun dreht es flink den Braten, aber so oft der Ritter wegsieht, steckt es seine Finger in die Bratpfanne und leckt die warme Brühe auf. Der Ritter ertappt es ein paarmal und sagt, es sollts bleiben lassen, aber das kleine Ding kann nicht und ist immer wieder mit dem Finger in der Pfanne. Da wird der Ritter zornig, faßt das Erdmännchen beim Bart und zaust es, daß es ein Zetergeschrei erhebt und fortlauft. Die zwei andern kommen indeß mit Wein, den sie im Keller gefunden und nun essen und trinken sie zusammen. Am andern Morgen suchen sie weiter und finden ein tiefes Loch, darin, sangen sie, müssen die Königstöchter verborgen seyn, und losen, wer sich soll hinunterlassen, die beiden andern wollen dann den Strick halten. Das Loos trift den, welcher mit dem Erdmännchen zu thun gehabt. Es dauert lang, bis er auf Grund kommt, und unten ists stockfinster, da geht eine Thüre auf und das Erdmännchen, das er am Bart gezogen, kommt und spricht: „ich sollt dir vergelten, was du mir Böses gethan, aber du erbarmst mich, ich bin der König der Erdmännlein, ich will dich aus der Höhle bringen, denn wenn du noch einen Augenblick länger bleibst, so ists um dich geschehen.“ Der Ritter antwortet: „sollt ich gleich Todes sterben, so geh ich nicht weg, bis ich weiß, ob die Königstöchter hier versteckt sind.“ Da spricht es: „sie sind in diesem unterirdischen Stein von drei Drachen bewacht. In der ersten Höhle sitzt die älteste und ein dreiköpfiger Drache neben ihr, jeden Mittag legt er seine Köpfe in ihren Schooß, da muß sie ihn laufen, bis er eingeschlafen ist. Vor der Thüre hängt ein Korb, darin liegt eine Flöte, eine Ruthe und ein Schwert und die drei Kronen der Königstöchter liegen auch darin,

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1815). Berlin 1815, Seite X. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_II_308.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)