Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1812 I 025.jpg

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König wollte aber nichts weiter hören: „wenns so ist, wie ich gesagt habe, so müssen sie sterben, lieber hau’ ich ihnen selber den Kopf ab, als daß ein Mädchen darunter wäre.“

Da war die Königin traurig, denn sie hatte ihre Söhne von Herzen lieb und wußte nicht, wie sie zu retten waren. Endlich ging sie zu dem jüngsten, den sie vor allen lieb hatte, offenbarte ihm, was der König beschlossen, und sagte: „allerliebstes Kind, geh du mit deinen eilf Brüdern hinaus in den Wald, da bleibt und kommt nicht nach Haus, einer von euch aber halte immer Wacht auf einem Baum und sehe nach dem Thurm hier, wenn ich ein Söhnchen zur Welt bringe, will ich obenauf eine weiße Fahne stecken, ists aber ein Töchterchen eine rothe, und wenn ihr das seht, dann rettet euch, flieht in die weite Welt, und der liebe Gott behüt euch. Alle Nacht will ich aufstehen und für euch beten; wenns kalt ist im Winter, daß ihr nicht friert und ein warmes Feuer vor euch brennt, und wenns heiß ist im Sommer, daß ihr in einem kühlen Walde ruht und schlaft.“

So gesegnete sie die Kinder und sie gingen fort in den Wald. Oft guckten sie nach dem Thurm, und einer mußte beständig auf einer hohen Eiche sitzen und Acht haben. Bald auch wurde eine Fahne aufgesteckt, es war aber nicht

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1812). Berlin 1812, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_I_025.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)