Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1812 I 157.jpg

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Aufn Herbst kommen in einem Weizenacker viel Sperlinge zusammen, allda trifft der Alte seine vier Jungen an, die führt er mit Freuden mit sich heim: „ach, meine lieben Söhne, was habt ihr mir den Sommer über Sorge gemacht, dieweil ihr ohne meine Lehre in Winde kamet; höret meine Worte, und folget eurem Vater, und sehet euch wohl vor: kleine Vöglein haben große Gefährlichkeit auszustehn!“ Darauf fraget er den ältern, wo er sich den Sommer über aufgehalten, und wie er sich ernährt hätte? „Ich habe mich in den Gärten gehalten, Räuplein und Würmlein gesucht, bis die Kirschen reif wurden.“ – „Ach! mein Sohn, sagte der Vater, die Schnabelweid ist nicht bös, aber es ist große Gefahr dabei, darum habe forthin deiner wohl Acht und sonderlich wenn Leut in Gärten umher gehn, die lange grüne Stangen tragen, die inwendig hohl sind und oben ein Löchlein haben.“ – „Ja, mein Vater, wenn denn ein grün Blättlein aufs Löchlein mit Wachs geklebt wäre?“ spricht der Sohn. – „Wo hast du das gesehn?“ – „In eines Kaufmanns Garten,“ sagt der Junge. – „O! mein Sohn, spricht der Vater, Kaufleut, geschwinde Leut, bist du um die Weltkinder gewesen, so hast du Weltgeschmeidigkeit genug gelernt, siehe und brauchs nur recht wohl, und trau dir nicht viele.“

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1812). Berlin 1812, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_I_157.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)