Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1812 I 351.jpg

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am Fenster, und sahe die Leute in die Kirche gehen, da war ein Mädchen darunter von solcher Schönheit, daß er in einem Augenblick seinen Vorsatz aufgab, das Mädchen zu sich rief, und es zu seiner Gemahlin wählte. Nach Verlauf eines Jahrs gebar sie einen Prinzen, da wußte der König nicht, wen er zu Gevatter bitten sollte, endlich sagte er: „der erste, der mir begegnet, wer es ist, den bitte ich zu Gevatter;“ ging aus, und der erste, der ihm begegnete, das war ein armer alter Mann, den bat er auch darauf zu Gevatter. Der arme Mann sagte zu, bat sich aber aus, daß er das Kind allein in die Kirche trage, daß diese verschlossen werde und niemand zusehen dürfe; das ward ihm alles bewilligt. Der König aber hatte einen bösen, neugierigen Gärtner, wie nun der alte Mann das Kind in die Kirche trug, schlich er sich nach und versteckte sich in den Bänken. Da sah er, wie der Alte das Kind vor den Altar trug, es segnete, und wie einer, der geheime Kräfte versteht, ihm die Gabe verlieh, daß alles, was es sich wünsche, eintreffen solle. Der böse Gärtner dachte gleich, welch’ einen Vortheil er sich daraus verschaffen könnte, wenn er das Kind hätte. Wie nun einmal die Königin in dem Garten spazieren ging, und es auf dem Arme trug, riß er es weg, bestrich ihr den Mund mit Blut eines geschlachteten Huhns,

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1812). Berlin 1812, Seite 351. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_I_351.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)