Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1812 I 381.jpg

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geschwommen, verschluckte das Ei und spie es ans Land. Reinald nahm es und schlug es mit einem Stein auf, da lag ein kleiner Schlüssel darin, und das war der Schlüssel, der die Stahlthür öffnete. Und wie er sie nur damit berührte, sprang sie von selber auf, und er trat ein, und vor den andern Thüren schoben sich die Riegel von selber zurück, und durch ihrer sieben trat er in sieben prächtige hellerleuchtete Kammern, und in der letzten Kammer lag eine Jungfrau auf einem Bett und schlief. Die Jungfrau war aber so schön, daß er ganz geblendet davon ward, er wollte sie aufwecken, das war aber vergebens, sie schlief so fest als wäre sie tod. Da schlug er vor Zorn auf eine schwarze Tafel, die neben dem Bett stand; in dem Augenblick erwachte die Jungfrau, fiel aber gleich wieder in den Schlaf zurück, da nahm er die Tafel und warf sie auf den steinernen Boden, daß sie in tausend Stücken zersprang. Kaum war das geschehen, so schlug die Jungfrau die Augen hell auf, und der Zauber war gelöst. Sie war aber die Schwester von den drei Schwägern Reinalds, und weil sie einem gottlosen Zauberer ihre Liebe versagt, hatte er sie in den Todesschlaf gesenkt, und ihre Brüder in Thiere verwandelt, und das sollte so lang währen, als die schwarze Tafel unversehrt blieb.

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1812). Berlin 1812, Seite 381. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_I_381.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)