Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1812 I 420.jpg

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Zu Sneewittchen. No. 53.


Dies Märchen gehört zu den bekanntesten, doch wird in Gegenden, wo bestimmt hochdeutsch herrscht, der plattdeutsche Namen beibehalten, oder auch verdorben in Schliwitchen. Im Eingang fällt es mit dem Märchen vom Machandelbaum zusammen, noch näher in einer andern Recension, wo sich die Königin, indem sie mit dem König auf einem Jagdschlitten fährt, einen Apfel schält und dabei in den Finger schneidet. Noch ein anderer Eingang ist folgender: Ein Graf und eine Gräfin fuhren an drei Haufen weißem Schnee vorbei, da sagte der Graf: „ich wünsche mir ein Mädchen, so weiß als dieser Schnee.“ Bald darauf kamen sie an drei Gruben rothes Bluts, da sprach er wieder: „ich wünsche mir ein Mädchen, so roth an den Wangen, wie dies Blut.“ Endlich flogen drei schwarze Raben vorüber, da wünschte er sich ein Mädchen; „das Haare hat so schwarz, wie diese Raben.“ Als sie noch eine Weile gefahren, begegnete ihnen ein Mädchen, so weiß wie Schnee, so roth wie Blut und so schwarzhaarig, wie die Raben und das war das Sneewittchen. Der Graf ließ es gleich in die Kutsche sitzen und hatte es lieb, die Gräfin aber sah es nicht gern und dachte nur, wie sie es wieder los werden könnte. Endlich ließ sie ihren Handschuh hinausfallen, und befahl dem Sneewittchen ihn wieder zu suchen, in der Zeit aber mußte der Kutscher geschwind fortfahren: nun ist Sneewittchen allein und kommt zu den Zwergen u.s.w. In einer andern Erzählung, ist das bloß abweichend, daß die Königin mit dem Sneewittchen in den Wald fährt, und es bittet ihm von den schönen Rosen, die da stehen, einen Strauß abzubrechen, während es bricht, fährt sie fort und läßt es allein. Endlich kennen wir noch eine dritte Recension: Ein König verliert seine Gemahlin, mit der er eine einzige Tochter Sneewittchen hat und nimmt eine andere, mit der er drei Töchter bekommt. Diese haßt das Stiefkind, auch wegen seiner wunderbaren Schönheit, und

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1812). Berlin 1812, Seite XXXII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_I_420.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)