Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1812 I 446.jpg

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den Nürnberger Spielwaaren ist der Storch mit dem Wickelkind im Schnabel sehr häufig. Bronner erzählt in s. Leben (Zürch. 1795. I, 23. 24.) „da fragte ich meinen Vater einst bei Tische: wo ist denn unser Brüderlein hergekommen?“ die Hebamme saß auch dabei. Diese Frau da, sagte er, hat es aus dem Krautgarten hereingebracht, du kannst noch heute den hohlen Baum sehen, aus dem die kleinen Kinder immer herausschauen, die man denn abholen läßt, sobald man ihrer verlangt, u.s.w. Es war eine hohle Weide an einem Teich, Bronner schaute hinein und sah den Knaben im Wasser, sein Vater hieß ihn rufen: Buben, wo seid ihr? und er zweifelte nicht mehr. In einem Kinderlied:

„die andere geht ans Brünnchen
und finde ein goldnes Kindchen.“

2) Wenn man Papier verbrennt, giebt man Acht, wie die Funken auf dem schwarzen herumgeben und nach und nach verschwinden, besonders auf den allerletzten. Man sagt: das seyen die Leute die aus der Kirche gingen, und der letzte sey der Glöckner, (Küster der die Thüre zuschließe, Französ. que c'est[1] l'abbesse, qui fait coucher les nonnains.)

3) Wenn die Kinder Abends vor Müdigkeit mit den Augen blinzen und gleichwohl noch gern wach blieben, aber nicht können, heißt es: das Sandmännchen kommt! Baierisch: Pechmännchen (Schmidt westerwald. Id. Schütze, im holstein. Id. 4. p. 34) meint es sey aus Sämännchen entstellt, wie Sandsaier, aus Saatsaier: „de Saatsaier kumt,“ wenn einer schläfert, und still ist, wie im stillen Wetter gesät wird. Offenbar gezwungen. Nach der griech. Mythe sprengt der Schlaf Lethewasser in die Augen (wie dort Sand), und weht mit seinen Flügeln, bis man entschläft. Bei Zeus setzt er sich auf die höchste Tanne des Ida in das stachelvolle Gezweig.

4) Frisches Brod aus neuem Korn heißt Haasenbrod, und der Haase hat es im Wald gebakken. Wenn auf den Bergen Nebel liegt, so ist es der Rauch aus seiner Küche: „der Haas kocht.“


  1. Vorlage: l'est (Druckfehler. Siehe S. 363)
Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1812). Berlin 1812, Seite LVIII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_I_446.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)