Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1837 V1 094.jpg

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und fieng erbärmlich an zu weinen, Hänsel aber sprach „sey still, Grethel, und gräme dich nicht, ich will uns schon helfen.“ Damit stieg er auf, zog sein Röcklein an, machte die Unterthüre auf, und schlich hinaus. Da schien der Mond hell, und die weißen Kieselsteine glänzten wie lauter Batzen. Hänsel bückte sich, und steckte so viel in sein Rocktäschlein als nur hinein wollten, dann gieng er zurück ins Haus. „Tröste dich, Grethel, und schlaf nur ruhig“ sprach er, legte sich wieder ins Bett und schlief ein.

Morgens früh, ehe die Sonne noch aufgegangen war, kam die Mutter und weckte die beiden Kinder „steht auf, wir wollen in den Wald gehen. Da hat jedes von euch ein Stücklein Brot, aber haltets zu Rath, und hebts euch für den Mittag auf.“ Grethel nahm das Brot unter die Schürze, weil Hänsel die Steine in der Tasche hatte, dann machten sie sich auf den Weg zum Wald hinein. Wie sie ein Weilchen gegangen waren, stand Hänsel still, und guckte nach dem Haus zurück, bald darauf wieder und immer wieder. Der Vater sprach „Hänsel, was guckst du da und bleibst zurück, hab Acht und heb deine Beine auf.“ „Ach, Vater, ich seh nach meinem weißen Kätzchen, das sitzt oben auf dem Dach und will mir Ade sagen.“ Die Mutter sprach „Narr, das ist dein Kätzchen nicht, das ist die Morgensonne, die auf den Schornstein scheint.“ Hänsel aber hatte nicht nach dem Kätzchen gesehen, sondern immer einen von den blanken Kieselsteinen aus seiner Tasche auf den Weg geworfen.


Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1837). Göttingen: Dieterich, 1837, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1837_V1_094.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)