Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1843 II 250.jpg

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kamen, aß Zweiäuglein wieder nicht, und Dreiäuglein sprach zur Mutter „ich weiß nun warum das hochmüthige Ding nicht ißt; wenn sie draußen zur Ziege spricht

„Zicklein, meck,
Tischlein deck,“

so steht ein Tischlein vor ihr, das ist mit dem besten Essen besetzt, viel besser als wirs hier haben: und wenn sie satt ist, so spricht sie

„Zicklein, meck,
Tischlein weg,“

und alles ist wieder verschwunden; ich hab es genau mit angesehen. Zwei Augen hatte sie mir mit einem Sprüchlein eingeschläfert, aber das eine auf der Stirne, das war zum Glück wach geblieben.“ Da rief die neidische Mutter „willst dus besser haben, als wir? die Lust soll dir vergehen!“ und hatte ein Schlachtmesser, und stieß es der Ziege ins Herz, daß sie todt hinfiel.

Als Zweiäuglein das sah, gieng es voll Trauer hinaus, und setzte sich auf den Feldrain, und weinte seine bitteren Thränen. Da stand auf einmal die weise Frau wieder neben ihm, und sprach „Zweiäuglein, was weinst du?“ „Soll ich nicht weinen!“ antwortete es, „die Ziege, die mir jeden Tag auf euer Sprüchlein den Tisch so schön deckte, ist von meiner Mutter todt gestochen; nun muß ich wieder Hunger und Kummer leiden.“ Die weise Frau sprach „Zweiäuglein, ich will dir einen guten Rath ertheilen, bitt deine Schwestern daß sie dir das Eingeweide von der geschlachteten Ziege geben, und vergrabs vor der Hausthür, so wirds dein Glück sein.“ Da verschwand sie und Zweiäuglein gieng heim, und sprach zu den Schwestern,

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1843). Göttingen 1843, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1843_II_250.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)