sprach zu ihm „kommst du, mein Erlöser? auf dich habe ich schon
zwölf Jahre gewartet; dies Reich ist verwünscht, und du mußt es
erlösen.“ „Wie kann ich das?“ fragte er. „Heute Nacht kommen
zwölf schwarze Männer, die mit Ketten behangen sind, die werden
dich fragen was du hier machst, da schweig aber still und gib ihnen
keine Antwort, und laß sie mit dir machen was sie wollen: sie
werden dich quälen, schlagen und stechen, laß alles geschehen, nur
rede nicht; um zwölf Uhr müssen sie wieder fort. Und in der zweiten
Nacht werden wieder zwölf andere kommen, in der dritten vier
und zwanzig, die werden dir den Kopf abhauen: aber um zwölf
Uhr ist ihre Macht vorbei, und wenn du dann ausgehalten und
kein Wörtchen gesprochen hast, so bin ich erlöst. Ich komme zu
dir, und habe in einer Flasche das Wasser des Lebens, damit bestreiche
ich dich, und dann bist du wieder lebendig und gesund wie
zuvor.“ Da sprach er „gerne will ich dich erlösen“ Es geschah
nun alles so, wie sie gesagt hatte: die schwarzen Männer konnten
ihm kein Wort abzwingen, und in der dritten Nacht ward die
Schlange zu einer schönen Königstochter, die kam mit dem Wasser
des Lebens und machte ihn wieder lebendig. Und dann fiel sie ihm
um den Hals und küßte ihn, und war Jubel und Freude im ganzen
Schloß. Da wurde ihre Hochzeit gehalten, und er war König vom
goldenen Berge.
Also lebten sie vergnügt zusammen, und die Königin gebar einen schönen Knaben. Acht Jahre waren schon herum, da fiel ihm sein Vater ein und sein Herz ward bewegt, und er wünschte ihn einmal heimzusuchen. Die Königin wollte ihn aber nicht fortlassen
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1850). Göttingen 1850, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1850_II_042.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)